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73 Donnerstag, 28.05.2020

Unerbittlicher Begriff: Präventionsparadox

In einer Bürolade entdecke ich eine Schachtel mit Visitenkarten meiner Vorgängerin. Es sind viele, sicher hundert Stück. Ich könnte welche einstecken und sie griffbereit halten, mich hin und wieder als diese andere ausgeben. Wer soll mich daran hindern?

An griechischen Stränden werden Plexiglasscheiben aufgestellt, um haushaltsfremde Badegäste von einander zu trennen. Der Sommer kann also kommen. (Ich sehe sie schon brüten in ihren komfortablen Gewächshäusern und sich mit einem Gemisch aus Sand und Sonnencreme einbeizen.)

Globalisierung hat einen schlechten Ruf, dabei ist sie auch nur Völkerverständigung mit anderen Mitteln. (Manchmal kommt es dabei zu Verständigungsschwierigkeiten, die zu Missverständnissen führen. Der Wirtschaftsmotor stottert, und Ausbeutung kommt zum Erliegen.)

April und Mai haben dieses Jahr Wetter getauscht.

Einmal schickte man mir einen Modeberater vorbei, der mir helfen sollte, mich auf ein baldiges Shooting vorzubereiten. Allein beim Gedanken, ihn in die Wohnung zu lassen, begann ich zu schwitzen, doch ließ er sich nicht abwimmeln. Auch mein Versuch, ihn davon zu überzeugen, dass ich längst wisse, was ich für den Anlass tragen werde, ging ins Leere. In der Nacht vor seinem Besuch schlief ich miserabel.
Er kam vorbei und schaute, was ich so im Kleiderschrank hatte, blätterte in den Hemden, und lüpfte die Stapel an Shirts, alles mit sehr kenntnisreicher Miene. Wie ich in vorausgehenden Telefonaten bereits angekündigt hatte, besaß ich lediglich zwei lange Hosen, eine schwarze und eine Jeans, wobei ich die schwarze bevorzugte, weil ich darin seriöser aussehen würde, und ziemlich erwachsen. (Mittlerweile besitze ich auch eine tannengrüne und eine paprikaorange Hose.)
Da meine karierten Hemden für einen Foto-Termin nicht infrage gekommen wären, hatte ich an Oberteilen eine Handvoll langärmeliger Shirts anzubieten, jeweils einfärbig und ohne Logo oder andere Verzierungen. (Ich war und bin ein vehementer Verfechter des sogenannten Normcore.) Am liebsten sind mir die dunkelblauen und schwarzen Shirts.
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Der Modeberater legte meine zwei Hosen nebeneinander aufs Bett, darüber fächerte er ein paar Oberteile auf. Er runzelte die Stirn, knetete die Finger, zog sich ganz zurück in seinen Kopf. Die schwarze, sagte er, und fegte meine Jeans mit Verve vom Bett. Jetzt legte er abwechselnd ein dunkelblaues und ein schwarzes Oberteil an, um zu sehen, welches sich stimmiger zur Hose fügte. Ich wollte schon den Mund aufmachen und erklären, dass mir beide Recht seien, doch der Modeberater kam mir zuvor, indem er die schwarze Hose mitsamt dem schwarzen Oberteil aufhob und an meinen Körper hielt. Dann nickte er stolz. Wir hatten das Outfit gefunden. Im Nachhinein bin ich für seine Hilfe sehr dankbar. (Diese Geschichte ist erfunden.)

Unerbittlicher Begriff: Mannschaftstrainingsverbot

Wo sich zwei Menschen eine Kaffeemaschine teilen, gibt es immer einen, der sich am späten Nachmittag – wenn er schon allein ist – einen Kaffee macht, und dann vergisst, den Filter herauszunehmen, und es gibt einen anderen, der am nächsten Morgen – wenn er noch allein ist –, diesen kalten, schlaffen Filter entdeckt und ihn entsorgen muss, bevor er sich einen neuen Kaffee machen kann.

Unerbittlicher Begriff: Impfbereitschaft

Bücher als ins Regal geschlichtete Einheiten verbrachter Zeit, jener des Lesens und jener des Schreibens, anhand derer man die erfolgreich absolvierten Kämpfe nachvollziehen kann, eigene und fremde. Jede Buchgeburt ist der Welt abgetrotzt und irgendwie erschlichen. (Im Kinderzimmer damals ein Pickerl am Musikkassettenkoffer: Bücher sind Freunde – Buchhändler auch. Vielleicht deshalb…)

Sich vorauserinnern an eine mögliche Zukunft – als derjenige, der man vielleicht einmal sein wird.