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56 Montag, 11.05.2020

Fragen

Wie spät ist es?
Schon so spät?
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Wann ist es wieder normal?
Was heißt normal?
Wollen wir, dass alles so wird wie früher?
Was wünschen wir uns anders?
Wie können wir schaffen, dass sich etwas in die von uns gewünschte Richtung bewegt?
Wird es wirklich erst dann vorbei sein, wenn es einen Impfstoff gibt?
Wer wird ihn auf den Markt bringen?
Was wird er wen kosten?
Wer wird daran wie viel verdienen?
Wird jemand zur Impfung gezwungen?
Wann gerät man ins Fahrwasser obskurer Verschwörungstheorien?
Wäre es nicht sinnvoller, mit dem Virus zu leben, sich damit zu arrangieren?
Besteht nicht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es niemals einen geeigneten Impfstoff geben wird oder bloß einen mit saisonaler Wirkung?
Welcher Experte hat die längste Publikationsliste und welcher die männlichste Kieferpartie?
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Darf man alles zum Stillstand kommen lassen, um eine bestimmte Personengruppe zu schützen?
Schützt man viel mehr als eine bestimmte Personengruppe, nämlich ein Versorgungssystem – und damit sich selbst?
Wird die Zahl der Verzweifelten die Zahl der Virustoten übersteigen?
Bin ich ein schlechter Mensch, weil mich die Todesstatistiken bisher kaum schockieren?
Wurden Leute totbehandelt, bloß um einen Fall weniger in der Statistik zu haben?
Wären viele der Patienten nicht ohnehin bald gestorben?
War es für einige der Seniorenheimbewohner nicht eine Erlörung, endlich gehen zu dürfen?
Ist es zynisch, sich diese Fragen zu stellen?
Welche Fragen darf man überhaupt stellen?
Ist das Ertrinken an der eigenen Lunge ein qualvoller Tod?
Wieso lässt man die unterbezahlten Pflegekräfte derart im Stich?
Seit wann sind wir so einfallslos beim Schutz der Hilfsbedürftigen?
Waren wir immer schon so hartherzig?
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Ist der schwedische Weg besser oder schlechter als unserer?
Handelt es sich dabei überhaupt um einen Sonderweg?
Stimmt es nicht, dass sie ihre mittelschweren Maßnahmen für einen längeren Zeitraum durchhalten können als wir unsere eher harten?
Beginnt Deutschland ein waghalsiges Hin und Her zwischen Lockerung und Lenkung?
Sind wir in die Falle der eigenen Aufgeregtheit getappt?
Verspielen wir unseren hart erkämpften Vorsprung?
Welches Land geht mit allem am professionellsten um, am schonensten für die Betriebe und am sichersten für die Gesundheit?
Könnten wir nicht halb schwedisch, halb taiwanesisch, halb deutsch, halb dänisch und ein bisschen chinesisch sein?
Was macht uns zu Europäern?
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Sollen nicht manche Wirtschaftszweige den Bach runtergehen?
Müssen gewisse Branchen sich nicht dringend neu erfinden?
Würde sich nicht eine tiefe Befriedigung einstellen, wenn so ein Riese ins Straucheln gerät?
Wollen wir nicht sehen, wie ein Imperium untergeht?
Tut es uns um die zigtausenden Arbeitsplätze nicht leid?
War nicht der Onkel von der einen Bekannten auch bei dieser einen Firma, die jetzt strauchelt?
War er nicht halbwegs zufrieden und dankbar, dort angestellt zu sein?
Ist Bankenrettung als Wort nicht insgeheim poetisch?
Warum soll da gleich wieder der Staat einspringen?
Wird das nicht bezahlt mit unserem Steuergeld?
Sind nicht eigentlich wir der Staat?
Können wir die Bank nicht einfach pleitegehen lassen?
Hast du auch ein Konto dort?
Wäre nicht alles viel einfacher, wenn es weniger schwierig wäre?
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Ist es nötig, jedes Jahr ein paar billige Flugreisen zu buchen?
Hat das Wasser auf den Malediven wirklich so ein außerirdisches Blau?
Werde ich auch einmal dort sein und schnorcheln, mich am weißen Sandstrand von der Sonne trocknen lassen?
Wäre es nicht schön, die Vorteile der Entschleunigung ohne die Nachteile des Wirtschaftseinbruchs zu genießen?
Inwiefern können wir uns die Fortsetzung der Ereignisse aussuchen?
Wer trifft die Entscheidungen?
Was ist tatsächlich Entscheidung, was nur Reaktion auf höhere Gewalt?
Lassen sich die beiden Dinge trennen?
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Was macht den neuartigen Coronavirus aus?
Wodurch unterscheidet er sich von anderen Coronaviren oder der Influenza?
Sind Vergleiche mit anderen Viren überhaupt zulässig?
Was wissen wir?
Wie viel können wir wissen?
Wie viel wollen wir wissen?
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Wann gibt es wieder Konzerte?
Unter welchen Bedingungen findet kulturelles Leben statt?
Werden die verschobenen Lesungen nachgeholt?
Wenn alles in den Herbst verschoben wird, gehen dann nicht jene leer aus, bei denen etwas hätte stattfinden sollen?
Wie verdienen wir Geld?
Wie soll sich das alles hinten und vorne noch irgendwie ausgehen?
Wenn uns die Staatssekretärin für Kunst und Kultur zum Verdursten in die Wüste schickt, wäre es dann nicht ein subversiver Akt, stattdessen aus Protest zu verhungern?
Geschieht die Öffnung zu langsam oder zu schnell?
Warum gelten für Kirchen zwei Meter Abstand, in der Gastronomie jedoch nur einer?
Hat das heilige Wasser aus Lourdes ein Ablaufdatum?
Verliert abgelaufenes Lourdes-Wasser bloß seine Wirkung oder hat es einen gegenteiligen Effekt, macht es also plötzlich Omas krank?
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Wird bei der Gefährlichkeit des Erregers übertrieben oder untertrieben?
Werden die Folgeschäden überschätzt oder unterschätzt?
Besteht für Genese jetzt eine Immunität oder nicht?
Wie lange wird sie bestehen?
Liegt es in der Natur des Menschen, Teil der Mehrheit sein zu wollen, im Verhalten genauso wie in der öffentlich geteilten Meinung?
Welche Rolle spielen die Medien?
Lassen wir uns viel zu leicht vom Wesentlichen ablenken und vom Unwesentlichen beeinflussen?
Wer kann Statistiken lesen und korrekt interpretieren?
Kommt das in der Oberstufe vor?
Neigen wir dazu, uns krampfhaft interessant zu machen, indem wir uns von der Masse abheben?
Gibt es welche, die einfach immer und grundsätzlich dagegen sind, die stur dem sogenannten Mainstream trotzen als eine Art verquerer Sport oder als einträgliches Geschäftsmodell?
Welche Fragen wirft man nur deshalb auf, um ketzerisch zu wirken und Verwegenheit auszustrahlen?
Können wir die Zeit anhalten und durchatmen, einen Schritt zurücktreten und alles in Ruhe überdenken?
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Wer sind wir?
Wo sind wir?
Was machen wir hier eigentlich?
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Wie verbringen wir unsere Zeit?
Was haben wir während der Quarantäne getan?
Sind wir dazugekommen, die Fenster zu putzen?
Haben wir ein gutes Buch gelesen?
Haben wir uns halbwegs gesund ernährt und immer frisch gekocht?
Ist es mit Fisch auch noch vegetarisch oder doch nur feiger Pescetarismus?
Sind wir manchmal joggen gegangen und haben im Vorbeihusten Leute angesteckt?
Haben wir Sachen abgearbeitet oder dem Stapel des Unerledigten beim Wachsen zugesehen?
Ist viel liegengeblieben?
Werden die Kinder den Stoff nachholen können?
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Machen die Politiker einen guten Job?
Sitzt der slimme Anzug fit?
Gibt es eigentlich nur Männer in der Regierung?
Läuft die Mannschaft ein mit Trainer und legt bei der Hymne die Hand aufs Herz aus Plexiglas?
Beneiden wir sie um die Last ihrer Entscheidungen oder bloß um ihr hohes Gehalt?
Möchten wir tatsächlich auch nur für einen Tag in ihrer Haut stecken?
Kann man uns eigentlich irgendwas recht machen?
Was sind das eigentlich alles für blassgrüne Wasteln?
Gehen wir viel zu gnädig mit ihnen um?
Sollten wir die Faust ballen und aufstehen gegen die überhebliche Bevormundung?
Sollten wir unseren stillen Protest längst auf die Straße tragen?
Ist die Demokratie in Gefahr?
Sind jene, die das in den rosaroten Zeitungen mit erwartbaren Worten behaupten, ohnehin die üblichen Verdächtigen?
Hat der Kanzler Bartwuchs?
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Wird es eine zweite Welle geben?
Was genau versteht man unter einer solchen?
Werden wir die Nerven verlieren, wenn die Zahlen wieder steigen?
Sollten wir uns nicht einig sein, dass die Zahlen steigen sollen und müssen und werden?
Geht es nicht schlicht darum, unser Gesundheitswesen funktionstüchtig zu halten?
Kommt es bis jetzt hierzulande nicht einwandfrei mit den Herausforderungen zurecht?
Wäre jetzt nicht der Zeitpunkt gekommen, eine Rückschau auf den Zahlenverlauf zu halten und eine nüchterne Einschätzung der Lage vorzunehmen?
Verfallen wir einem Zahlenwahn?
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Ist es nicht genug?
Wann können wir dann endlich wieder über etwas anderes sprechen?
Sitzen wir in einem Jahr noch da und stellen uns exakt dieselben Fragen?
Können wir im Herbst nach New York fliegen?
Wer kann sich das denn leisten?
Werden wir im Sommer ans Meer fahren?
Wer soll es uns verbieten?
Müssen wir ein Gesundheitszertifikat vorzeigen oder uns nach der Einreise in Selbstisolation begeben?
Kann man jemanden zur freiwilligen Quarantäne zwingen?
Wie viel Prozent der Grenzbeamten sind pedantische Sadisten?
Hat jede Fernbeziehung überlebt?
Wird sich die Europäische Union zu einheitlichen Regelungen durchringen?
Wird es eine verpflichtende Tracing-App geben?
Wird sich mein Bruder ein Smartphone schenken lassen?
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Hatten wir mit dem Zeitpunkt des Ausbruchs nicht unheimlich Glück?
War es nicht vergleichsweise angenehm, über den Frühlingsanfang in den Lockdown zu tänzeln?
Tut es nicht gut, rechtzeitig mit den steigenden Temperaturen wieder mehr Freiheiten zu haben?
Hat jeder, der auf seinen Gasgrill schwört, Holzkohle bloß nie verstanden?
Wäre es nicht wesentlich anstrengender und niederdrückender, all das im Winter ertragen zu müssen?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass nächsten Herbst das gleiche Spiel beginnt?
Welche Jahreszeit wäre für die seltsamen Zeiten wünschenswert?
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Geht sich noch ein Gin Tonic aus?
Ist es ohne Tonic auch okay?
Mit Eis und Zitrone?
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Hat nicht alles genau so kommen müssen?
Hätte irgendetwas anders sein können?
Strebt nicht jede Prophezeiung nach der eigenen Erfüllung?
Gibt es eine Krise, in der keine Chance liegt?
Wie sieht die Welt in ein paar Wochen aus?
Wie in einem Jahr und wie in achtzehn Jahren?
Wo beginnt und wo endet das rationale Denken?
Ist nicht allein die Auswahl der Fragen eine unterschwellige Beeinflussung?
So spät ist es schon?
Habe ich etwas vergessen?
Wie geht das Wort, das alles sagt?
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Fragen?
Antworten?
Mit Eis und Zitrone?
Antworten?
Fragen.