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40 Samstag, 25.04.2020

Westafrika und Ostafrika

In Benin fordern Studentenvereinigungen das Ende der Vorlesungen, da der Aufenthalt in den Hörsälen äußerst beengt und keine Hygienestationen installiert sind, die Rädelsführer werden in Gewahrsam genommen, bei einer Demonstration gegen deren Festnahme stirbt ein junger Mann.
In Burkina Faso ist die Lebensmittelversorgung mangelhaft, Kindertagesstätten, Schulen und Universitäten werden geschlossen, zu den Infizierten gehören auch der Präsident, dessen Frau und mehrere Minister.
In Kap Verde ist der Warenverkehr auf dem Luft-, See- oder Landweg weiterhin möglich, dienstliche oder private Reisen sind ausschließlich in Verbindung mit einer vierzehntägigen Quarantäne erlaubt, Epizentrum der Infektion ist ein Touristenkomplex auf der Ferieninsel Boa Vista.
In der Elfenbeinküste zerstören Anwohner ein noch in Bau befindliches Zentrum für Coronavirus-Testungen, da sie sich vor erhöhter Ansteckungsgefahr durch Besucher der Einrichtung fürchten, obwohl diese niemals für die Behandlung von Patienten vorgesehen war, auf kursierenden Webvideos zu dem Vorfall ist dokumentiert, wie dutzende Menschen Blechplatten von dem Gebäudeskelett reißen und dabei skandieren: Wir wollen es nicht!
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In Sierra Leone hat man vor einigen Jahren den Ausbruch von Ebola überstanden, was für die aktuelle Pandemie einen Wissensvorsprung im Umgang mit Infektionskrankheiten gibt, an öffentlichen Orten sowie in Schulen und Kliniken werden Handwaschbecken und Seifenspender aufgestellt, Krankenschwestern fahren in entlegene Dörfer, um die Bevölkerung zu informieren und bei den lokalen Maßnahmen einzubinden.
In Gambia sind öffentliche Märkte gesperrt, Schulen und Universitäten bleiben geschlossen, die Tourismusbranche erwirtschaftet rund zwanzig Prozent des Bruttoinlandsproduktes und mehr als fünfzig Prozent der Gesamteinnahmen aus Waren- und Dienstleistungsexporten, die nun wegzubrechen drohen.
Im Senegal stellt ein Kollektiv aus Freiwilligen mithilfe von 3D-Druckern dringend benötigte Schutzmasken her, diese werden umgehend an medizinisches Personal ausgeliefert.
In Ghana bleiben die Landesgrenzen für den Personenverkehr gesperrt, Güterverkehr ist hiervon zwar ausgenommen, jedoch verzögern sich wichtige Produktlieferungen aus China, zu denen für Händler und deren Kunden eine große Abhängigkeit besteht.
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In Guinea wird trotz Ausbruch des Virus ein neues Parlament gewählt sowie über eine Verfassungsänderung abgestimmt, die dem Präsidenten eine dritte Amszeit ermöglichen soll, nach internationaler Kritik an manipulierten Wählerverzeichnissen wurde das Referendum bereits einmal verschoben, bei Zusammenstößen zwischen Gegnern des Ansinnens und Sicherheitskräften werden Gebäude und Wahlunterlagen zerstört, mehrere dutzend Personen kommen ums Leben.
In Guinea Bissau beginnt man sehr spät mit Präventionsmaßnahmen, für die dem westafrikanischen Land nur geringe finanzielle Mittel und wenig qualifiziertes Personal zur Verfügung stehen, lokale Radiosender informieren die Bevölkerung und mobilisieren zum gemeinsamen Kampf gegen den unsichtbaren Feind.
In Liberia nimmt der Präsident gemeinsam mit Gospel-Sängern das Lied Let’s stand together and fight Corona auf, welches über den Virus aufklärt und Maßnahmen zur Vermeidung einer Ansteckung beschreibt.
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In Mali bringt man ein Hilfspaket für in Not geratene Bürger und Unternehmen auf den Weg, die Wirtschaft ist von dem jahrelangen Konflikt mit islamistischen Aufständischen stark geschwächt, die Regierungsmitglieder verlautbaren, sich der Notwendigkeit der Solidarität bewusst zu sein, alle Minister verzichten für einen Monat auf ihr Gehalt, der Präsident für drei Monate.
In Niger beschließt die Nationalversammlung einen landesweiten Ausnahmezustand, der später verlängert wird, Panikkäufe und die Grenzschließung zu Nigeria führen zu einem Preisanstieg auf den Getreidemärkten, von dem Hirse besonders stark betroffen ist, in Teilen der Hauptstadt kommt es zu gewaltsamen Ausschreitungen, nachdem Sicherheitskräfte versuchen, eine Versammlung in einer Moschee zu verhindern.
In Nigeria beklagen Menschenrechtsexperten, es gebe mehr Tote durch brutale Sicherheitskräfte, die Ausgangsbeschränkungen durchsetzen, als durch den Virus selbst, in der Hauptstadt Abuja werden ganze Nachbarschaften auf den Virus getestet, medizinisches Personal sammelt flächendeckend orale Abstriche.
In Togo werden Corona und Fake News gleichermaßen bekämpft, über Messenger-Dienste verbreitete Sprachnachrichten behaupten, die Weißen würden Leitungswasser mit dem Virus versetzen, um massenhaft Togolesen zu töten.
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In Dschibuti sind mehrere Staaten militärisch präsent, darunter China, Frankreich, Italien, Japan und die Vereinigten Staaten, beim ersten bestätigten Fall des Landes handelt es sich um ein Mitglied des spanischen Militärs, nach dem positiven Test wird die gesamte stationierte spanische Einheit auf einer französischen Militärbasis unter Quarantäne gestellt.
Auf den Komoren gibt es keinen bestätigten Fall, was an mangelnden Testmöglichkeiten liegen mag, eine Person, die von dort aus auf die Insel Mayotte reist, wird nach ihrer Ankunft positiv getestet, zwar wird Mayotte geographisch den Komoren zugerechnet, gilt jedoch politisch als Übersee-Département und Region Frankreichs, weshalb der Fall in der landeseigenen Statistik nicht aufscheint.
In Äthiopien gehen die Menschen auf Märkten einkaufen, die größte Veranstaltungshalle der Hauptstadt wird zu einem Quarantänezentrum umfunktioniert.
In Eritrea werden Versammlungen von mehr als zehn Personen verboten, internationale Flugverbindungen eingestellt, Restaurants geschlossen und Gerichtsverhandlungen verschoben, der Präsident bezeichnet den Ausbruch in einer Ansprache als sudden war und bittet Bürger in der Heimat selbst und im Ausland alles Nötige zu tun, um gemeinsam die bevorstehenden Herausforderungen zu meistern.
In Kenia herrscht eine nächtliche Ausgangssperre, Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen desinfizieren öffentliche Plätze in der Hauptstadt Nairobi.
In Ruanda kreisen mit Megafon ausgerüstete Drohnen, mit denen Bewohner über die verschärften Lockdown-Bestimmungen informiert werden sollen.
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In Somalia werden Kreidekreise auf den Boden von Märkten gemalt, um bei Einkäufen das Einhalten des Sicherheitsabstandes zu gewährleisten.
In Tansania ist die erste Patientin, die den Virus aus Europa eingeschleppt hat, stigmatisiert und wird in ihrer Gemeinde ausgegrenzt, Bildungseinrichtungen sind geschlossen, alle Grenzen zu Nachbarländern bleiben dicht, eine junge Start-Up-Gründerin versucht, die Bevölkerung per Offline-App mit medizinischem Wissen zu versorgen, was erst beginnen kann, sobald Beamte des Gesundheitsministeriums die bereitgestellten Inhalte prüfen und autorisieren.
In Uganda wird eine Ausgangssperre verhängt, bei deren Verlautbarung der Staatspräsident wesentliche Dienstleister aufzählt, die nach wie vor ungehindert ihrer Arbeit nachgehen dürfen, zu diesen zählen Ärzte, Sicherheitspersonal oder Bankangestellte, jedoch keine Journalisten, was in Medienkreisen einen Sturm der Entrüstung auslöst, die regelmäßigen Skandalberichte über den massiven Militärapparat, der teilweise vom Präsidentensohn kommandiert wird, haben vermutlich nicht geholfen, später knickt der Machthaber ein, sein Büro verspricht das Ausstellen von Spezialpässen für systemrelevante Angestellte, von diesen werden jedoch weit weniger ausgestellt als beantragt.
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Auf Madagaskar setzt man auf einen Kräutertrunk, der den Virus abwehren und sogar heilen können soll, trotz fehlender wissenschaftlicher Belege versichert der Präsident bei einer Pressekonferenz zuverlässige Ergebnisse innerhalb von sieben Tagen nach Einnahme, das teeartige Gebräu wird in Schulen als Corona-Prophylaxe ausgeschenkt.
Auf den Seychellen sind die Strände verwaist und Hotels geschlossen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, wird den Menschen empfohlen, Sozialkontakte einzuschränken und zu Hause zu bleiben, die Regierung übernimmt bei Kleinbetrieben die Löhne für drei Monate, Kreditrückzahlungen können ebenfalls drei Monate pausieren.
Auf Mauritius gelten strenge Reise- und Bewegungsbeschränkungen, Geschäftstätigkeit ist nur essentiellen Unternehmen gestattet, es besteht eine nächtliche Ausgangssperre zwischen acht Uhr abends und acht Uhr früh.
Im Sudan wird von Händeschütteln und Wangenküssen abgeraten, für Geschäfte bestehen keine einschränkenden Maßnahmen, Schutzmasken und Handgels sind vielerorts ausverkauft.
Im Südsudan gibt es landesweit vierundzwanzig Betten auf Isolierstationen.